Liebe Mitglieder des Gehörlosenverbands, liebe Gehörlosengemeinschaft!
Am 19.11.2024 kamen viele Teilnehmer*innen zur Mitgliederversammlung des Gehörlosenverbands (GLVHH), um über die Übergabe des Clubheims/ des Kultur- und Freizeitzentrums für Gehörlose, zu entscheiden.
Im Moment ist noch die Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen in Hamburg e.V. (Gesellschaft) Eigentümerin des Gebäudes in der Bernadottestraße, der gesamte Gebäudekomplex wird jedoch an den Herbert Feuchte Stiftungsverbund gGmbH (HFS) übergeben. Zum HFS gehören verschiedene Einrichtungen, wie z.B. auch das Altenheim für Gehörlose in Volksdorf.
Bezüglich der Übergabe gab es im Vorwege bereits viele Diskussionen. Eine Arbeitsgruppe hat sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigt und auch ein Austausch mit zwei Rechtsanwälten sollte klären, ob es der Gesellschaft aus eigener Kraft überhaupt möglich ist, den gesamten Gebäudekomplex zu halten und instand zu setzen. Zur Versammlung wurde auch Sascha Wiese eingeladen, Geschäftsführer des HFS, der die Gesamtsituation erläuterte und für Fragen zur Verfügung stand.
Das große Problem ist, dass der Gesellschaft für die Sanierung des gesamten Hauses, inklusive Barrierefreiheit, kaum mehr Gelder zur Verfügung stehen (ca. 150.000 €) und somit die notwendigen Umbauten (ca. 3 Millionen €) nicht finanziert werden könnten. Es müssten Kredite aufgenommen werden und das gesamte Vorhaben würde sich schrittweise über mindestens 10 Jahre hinweg ziehen. Gewünscht ist aber, dass die Umbauten jetzt erfolgen und dann in ca. 5 Jahren beendet sein werden.
Daher war der Vorschlag von Herrn Wiese, dass der HFS die Sanierungsarbeiten mit 1 Million € bezuschusst, der HFS Kredite aufnimmt und zusätzlich Fördermittel, z.B. für die Barrierefreiheit, erwirbt, damit in Zukunft Senior*innen und andere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen über einen Fahrstuhl Zugang zu unserem Gebäude haben. Die Gesellschaft kann aufgrund des geringen Eigenkapitals keine Kredite aufnehmen oder Zuzahlungen leisten, die oft üblich sind, wenn Fördergelder beantragt werden.
Die Gesellschaft verfügt derzeit über 6 Stimmen (4 Stimmen von Einrichtungen des HFS, 1 Stimme vom Schulverein und 1 Stimme vom GLVHH). Alle kamen darin überein, dass - angesichts der maroden Gebäudesituation - eine Übergabe der Gesellschaft an den HFS für die Zukunft vielleicht das Beste sei, die Gesellschaft würde dann aufgelöst werden.
Was das Gebäude anbelangt, stehen viele notwendige Sanierungsarbeiten an, wie die Erneuerung des Fußbodens im großen Saal, des Theken- und Bühnenbereichs, der Klimaanlage, des Toiletten- und Küchenbereichs. Alles ist noch wie vor 50 Jahren, inzwischen in die Jahre gekommen und marode. Es muss dringend saniert und modernisiert werden, der HFS würde hierbei finanziell unterstützen. Während der Umbauarbeiten wird das Gebäude jedoch nicht geschlossen, die Renovierungsarbeiten erfolgen schrittweise von Bauabschnitt zu Bauabschnitt, bis das gesamte Bauvorhaben abgeschlossen ist. Eventuell ist später noch eine Gebäudeaufstockung über dem Clubheim vorgesehen, aber das ist jetzt nicht Thema.
Natürlich gibt es bezüglich der Übergabe auch eine Gruppe, die Zweifel und Sorgen hat, dass Gehörlose missachtet und übergangen werden könnten. Es wird jedoch einen Vertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren geben, in dem bezüglich des Clubheims eine Nutzung für Gehörlose vorgesehen ist. Eine Übergabe bedeutet nicht automatisch, dass Hörende Gewinne machen wollen, dem HFS stehen genug eigene finanzielle Mittel zur Verfügung. Die Gewinne und Verluste der einzelnen Einrichtungen müssen sich jedoch insgesamt mehr oder weniger die Waage halten.
Veranstaltungen können auch in Zukunft mietfrei durchgeführt werden, nur bei Verschmutzung der Räumlichkeiten müssten die Veranstalter die Reinigungskosten übernehmen. Die Räume für Vorträge, KoFo und Versammlungen können nach wie vor ohne Raummiete genutzt werden. Nur bei privaten Feiern muss noch nach einer geeigneten Lösung für die Raumnutzung gesucht werden.
Ein Nutzungsrecht kann, nach Rücksprache mit den beiden Rechtsanwälten, nicht direkt in den Vertrag aufgenommen werden. Wir Gehörlosen haben jedoch, was die Gestaltung, Farbgebung der Räume etc. angeht, ein Mitspracherecht, allerdings nicht für die baurechtlichen Maßnahmen. Der HFS hat verschiedene Fachleute und Experten für dieses Bauvorhaben, die dann in der Bernadottestraße die Sanierungsmaßnahmen umsetzen würden, sodass die Personalkosten geringer sein werden und nicht durch Fremdfirmen zu hoch ausfallen. Vertraglich geregelt gibt es also nicht in dem Sinne ein Nutzungsrecht, die Gehörlosengemeinschaft darf die Räumlichkeiten jedoch nutzen.
Bezüglich der Umgestaltung des Gebäudes wird ein Wirtschaftsausschuss bzw. Beirat gegründet, der aus 3 Gehörlosen (GLVHH) bestehen wird und 3 Personen vom HFS. Wichtig ist, dass vom HFS Herr Wiese dabei sein wird, der viele kreative Ideen und Expertise in dieses Projekt einbringen kann und die Gesamtkoordination übernehmen wird. Geplant ist, dass in ca. 5 Jahren die gesamte Umgestaltung des Gebäudekomplexes abgeschlossen sein wird - hoffentlich.
Daher gab es abschließend nochmals eine Mitgliederversammlung, bei der ¾ der Mitglieder für eine Übergabe stimmten. Wichtig war bei diesem Abstimmungsprozess, dass es nicht nur eine knappe Mehrheit oder ⅔ Mehrheit geben würde, sondern eine ganz klare Zustimmung für die Übergabe der Gesellschaft an den HFS, was auch ein Vertrauensbeweis gegenüber Herrn Wiese ist. Der lange Entscheidungsprozess sollte nun auch ein Ende finden.
Ich hoffe, dass auch diejenigen, die noch zweifeln oder unsicher sind, überzeugt werden können. Vertrauen braucht seine Zeit…
Tschüss!